Normale Menschen von Sally Rooney - leider nicht mein Fall!


 3/5 Sterne

Normal People von Sally Rooney war mein erstes Buch der Autorin, und ich weiß, dass sie eine riesige Fangemeinde hat. Genau deswegen war ich besonders neugierig – schließlich war der Hype auf Bookstagram und Booktube ja kaum zu übersehen. Doch leider muss ich sagen: es war einfach nicht ganz mein Fall. 

Worum gehts? 

In Normal People (auf Deutsch: Normale Menschen) geht es um Connell und Marianne, zwei sehr unterschiedliche junge Menschen, die sich in der Schule kennenlernen. Connell ist der beliebte, sportliche Typ – einer von den „coolen Kids“. Marianne dagegen ist eher die Außenseiterin: eigenwillig, unnahbar, von vielen missverstanden.

Die beiden verbindet eine geheime Freundschaft – und schließlich mehr.

Connells Mutter arbeitet als Reinigungskraft im Haus von Mariannes wohlhabender Familie, wodurch die beiden sich auch außerhalb der Schule begegnen. Doch in der Schule tun sie so, als würden sie sich gar nicht kennen. Zwischen ihnen entwickelt sich eine komplizierte, über Jahre hinweg andauernde Beziehung, die sie durch Schulzeit, Studium und frühes Erwachsenenalter begleitet.

Was sich durchzieht, ist das ständige Missverstehen – sie lieben sich, kommen aber nie wirklich an einem stabilen Punkt an. Immer wieder reden sie aneinander vorbei, ziehen sich zurück, finden wieder zusammen, ohne je Klartext zu sprechen.

Was mir gut gefallen hat:

  • Coming-of-Age-Themen: Rooney beschreibt das Erwachsenwerden, die Unsicherheiten, die Sehnsucht nach Zugehörigkeit und die Schwierigkeiten, sich selbst zu verstehen, sehr glaubwürdig.
  • Moderner Schreibstil: Kurze, prägnante Sätze und ein nüchterner Ton verleihen der Geschichte eine gewisse Unmittelbarkeit. 
  • Spannende Figurenkonstellation: Das soziale Gefälle zwischen Connell und Marianne ist interessant, ebenso die Umkehrung ihrer Rollen im Verlauf der Handlung.

Was mir nicht so gut gefallen hat:

  • Missverständnisse-Trope (mein persönlicher Albtraum): Zwei Menschen, die sich eigentlich lieben, aber über Jahre hinweg nicht miteinander reden können – das macht mich wahnsinnig. Ich wollte die Figuren mehrfach schütteln und ihnen zurufen: „Könnt ihr einfach mal ehrlich miteinander sprechen?!“
  • Spicy-Szenen: Wer meinen YouTube-Kanal kennt, weiß, dass ich kein großer Fan von expliziten Szenen bin. Für mich fühlen sich solche Passagen oft zu intim an – fast wie ein übergriffiger Blick durchs Fenster des Nachbarn. Da ich immer versuche, mich sehr in die Figuren hineinzuversetzen, ist mir das dann schnell zu viel. 
  • Fehlender Tiefgang bei ernsten Themen: Sowohl Connells Depressionen als auch Mariannes Missbrauchserfahrungen werden zwar erwähnt, aber emotional kaum durchdrungen. Da hätte ich mir mehr psychologische Tiefe gewünscht – weniger „es passiert“, mehr „so fühlt es sich an“. 

Sprache und Schreibstil

Rooneys Stil ist modern, minimalistisch, mit vielen kurzen, knackigen Passagen. Das liest sich flüssig, aber für meinen Geschmack etwas zu „abgehackt“. Ich mag es, wenn Sprache auch Raum für innere Komplexität lässt – hier bleibt vieles an der Oberfläche. 

Themen, Tropes und Triggerwarnungen

  • Tropes: Missverständnisse / On-off-Beziehung / Social Gap
  • Themen: Identität, emotionale Reife, Machtgefälle, psychische Gesundheit
  • Triggerwarnungen: körperliche Gewalt, Missbrauch, Depression

 Fazit

Normal People ist eine fein beobachtete Coming-of-Age-Geschichte über zwei junge Menschen, die einander immer wieder verlieren und doch nicht loslassen können. Wer den Miscommunication-Trope liebt und gern moderne, unromantisch-ehrliche Beziehungsdynamiken liest, wird hier bestimmt fündig.
Für mich persönlich war es ein Buch, das mehr Frust als Freude ausgelöst hat – respektvoll geschrieben, aber emotional zu distanziert. 

Zur Autorin

Sally Rooney (geb. 1991, Irland) wurde mit Conversations with Friends und Normal People  international bekannt und mehrfach ausgezeichnet. Ihr Stil ist nüchtern, dialoglastig und introspektiv – oft bezeichnet als „Millennial Realism“. 

Infos zur gelesenen Ausgabe: 

"Normal People" (englische Ausgabe), von Sally Rooney
Faber & Faber Ltd, 2024 (Erstausgabe 2018)
266 Seiten 

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